Tandem-Tag am 10.Mai 2015

Wir waren mit einer Gruppe von rund fünfzehn unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen essen. Im Laufe des Gesprächs fragten wir einen Siebzehnjährigen die Standardfrage, wie ihm Österreich denn gefalle und wie viele ÖsterreicherInnen er bisher kennengelernt habe. Er schaute uns mit einem Gesichtsausdruck an, der viel mehr verriet als seine knappe Antwort: Keine.

 

Dieser Jugendliche lebte nicht etwa in einer Hütte in den Bergen Vorarlbergs oder in einem Flüchtlingslager in Buxdehude. Das war ein Jugendlicher aus einem Wohnheim für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Zentrum Wiens, fünf Minuten vom Schwedenplatz entfernt.

In diesem Moment, in dem wir diesem Jugendlichen ins Gesicht schauten und gleichzeitig seine starke Sehnsucht nach seinem Zuhause und seinen Wunsch hier anzukommen spürten, dämmerte uns, dass hier enormer Handlungsbedarf besteht und gewaltige Leerstellen vorhanden sind.

Und doch es brauchte noch einige Situationen mehr, um uns zum Tun zu bewegen.

Es brauchte einen fünfzehnjährigen syrischen Flüchtling, der uns freudig erzählte, er lerne jetzt Deutsch, indem ein tschetschenischer Freund, der schon ein bisschen Deutsch konnte, mit ihm rede und er ihm dafür Wörter auf Arabisch beibrachte. Wir als ÖsterreicherInnen hörten uns diese Geschichte des wissbegierigen jungen Mannes an und schämten uns. Schämten uns, dass dies tatsächlich die beste Lösung war, die er in unserer wunderschönen Hauptstadt gefunden hatte.

Es brauchte etliche von Flüchtlingen, die lächelnd unser zerrissenes Arabisch bemerkten, sich freuten und uns ihr Arabisch für unser Deutsch anboten.

Und schließlich brauchte es, durch die Vielzahl an ungeplanten Treffen von Flüchtlingen in den Straßen von Wien, die Erkenntnis, wie schön es ist, in der Stadt, in der man nun zuhause ist, Menschen zu kennen. Es ist schön durch die Straßen von Wiens zu spazieren und bekannte Gesichter zu entdecken. Es ist schön und es gehört zu einem nicht unerheblichen Teil zu dem Gefühl des Zuhause-Seins dazu.

 

All dies waren Situationen, die in diese Frage münden mussten:

Es gibt eine so große Anzahl an freundlichen, netten und entgegenkommenden Menschen – Sowohl unter den geflüchteten als auch unter den österreichischen Menschen. Es gibt eine so große Anzahl an Menschen, die kulturelle und sprachliche Vielfalt als Reichtum begreifen – Sowohl unter den geflüchteten als auch unter den österreichischen Menschen. Es gibt großen Bedarf theoretisch erlernte Sprache praktisch anzuwenden – Sowohl unter den geflüchteten als auch unter den österreichischen Menschen.

Wo aber ist die Plattform, die diese Menschen verbindet?

Es gibt so viele Möglichkeiten, hierfür etwas zu tun, erkannten wir und starteten den Tandem-Tag. Angedacht war dieser Tag tatsächlich als ‚Tag‘: Es sollte eine einmalige Veranstaltung sein, die Arabisch-Lernende und Deutsch-Lernende miteinander connected, damit diese zukünftig selbstständig Tandem-Paare bilden können.

Am Ende des vierstündigen Tandem-Tages waren die Teilnehmenden jedoch so begeistert und das Feedback so positiv, dass wir uns entschlossen, den Tandem-Tag nun insA öfter stattfinden zu lassen.

 

Freilich ist dies ein Anfang, freilich kann man dies als Tropfen auf dem heißen Stein bezeichnen. Doch viele Tropfen gemeinsam werden zu Regen.

Deshalb hoffen wir, dass dieser Text zweierlei bewirkt:

 

Zum einen wünschen wir uns, dass du als Arabisch- bzw. Deutsch-Lernende/r am Tandem-Tag teilnimmst J Zum anderen – und dieser Punkt ist der weitaus wichtigere – hoffen wir, dass du nun selbst Initiativen startest. Warte nicht.

Es gibt so viel Bedarf etwas zu tun, wenn du eine Idee hast und dies umsetzten möchtest, dann ist insA jetzt der richtige Zeitpunkt dafür (und wenn du dich beraten willst oder Hilfe benötigst, schreib uns und wir werden versuchen, deine Idee auf schöne Art und Weise mit dir gemeinsam umzusetzen).

 

Jede und jeder einzelne von uns kann insA mit Leichtigkeit jetzt dazu beitragen, dass diese Vielfalt, die uns momentan geschenkt wird, tatsächlich auch zu einer vielfältigeren Gesellschaft führt.


Anmeldung zum Tandem-Tag unter: tandem_tag_anr@hotmail.com